Wie überzeugt man das Top-Management von den strategischen Möglichkeiten der Unternehmenskommunikation?
Sie kann heute weit mehr leisten als Pressearbeit, Krisenkommunikation und etwas interne Kommunikation. Trotzdem bleiben Kommunikatoren oft auf diese Aktivitäten beschränkt und haben es schwer, vom Topmanagement außerhalb ihrer traditionellen Silos wahrgenommen zu werden.
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Wir sprechen darüber mit Christopher Storck, Partner bei Hering Schuppener Consulting und Professor für Strategie und Kommunikationsmanagement an der Quadriga Hochschule Berlin. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Führungsebenen von Unternehmen der Unternehmenskommunikation einen hohen Stellenwert einräumen: Ohne sie geht es nicht. Im Sinne eines Managements der Kommunikationsprozesse, mit allen internen und externen Anspruchsgruppen, ist sie wertschöpfend für das Unternehmen. Woran liegt es, dass dies in der Praxis nicht zum Tragen kommt?
Kommunikation im Silo
Die Grundeinstellung der Kommunikatoren ist entscheidend – etablierte Hierarchien in abgeschotteten Insel-Abteilungen sind zwar bequem, verhindern aber auch, dass man nach außen Relevanz entfalten kann. Man braucht die Bereitschaft, sich da trotz allem Erreichten neu zu orientieren und zu lernen. Zum Teil fehlt die Verständnisgrundlage beim Topmanagement: in der Mainstream-Betriebswirtschaft kommt das Thema Stakeholder bis heute zu kurz. Kommunikatoren brauchen aber ein konsequentes Denken von den Stakeholdern her, um die Relevanz dessen, was sie tun, demonstrieren zu können.
Kommunikation leistet einen strategischen Beitrag zu den Organisationszielen
Die Einstellung des Unternehmens auf den fortwährenden Wandel ist zum Beispiel ein zukunftsträchtiger Beitrag. Vorstände heute müssen authentisch und glaubhaft vermitteln, dass sie diese Transformation bewältigen können, auch wenn es noch keine klaren Fahrpläne dafür gibt. Kommunikation stellt hier Bezüge her. Auch große internationale Kapitalmarkttransaktionen sind eine Aufgabe für die Unternehmenskommunikation – hier müssen Stakeholder aus einem weiten Spektrum angesprochen werden und diese Ansprachen aufeinander abgestimmt werden.
Für komplexe Aufgaben benötigen Kommunikatoren ein gutes Verhältnis zum Vorstand
Christof Erhard, Honorarprofessor der Uni Leipzig und aktuell Kommunikationschef bei Robert Bosch, beschreibt ein großes Problem der Kommunikation: Das Verhältnis von Vorstand und Kommunikationschef ist meist ein Lehensverhältnis. Alle Legitimation eines Kommunikationschefs komme aus diesem Verhältnis, sei geliehene Macht. Konsequenz daraus: Muss der Vorstand gehen, muss der Kommunikationschef auch gehen. Erhard hat versucht, das zu ändern, indem er die Oberfläche seiner Abteilung in die Organisation hinein vergrößert hat. Das heißt, auch die Chefs auf niedrigeren Hierarchieebenen müssen verstehen, was Kommunikation für sie leistet.
Was braucht der Kommunikator, um mit seinen Leistungen wahrgenommen zu werden?
Engagierte Kommunikatoren können die Volatilität ihrer Arbeitswelt als Chance nutzen und sich neue Tätigkeitsfelder erschließen, bevor andere sie besetzen. Dabei sollte man sich in die Topmanager hineinversetzen können, die nicht so sehr von der Stakeholder-Perspektive aus denken.
In den letzten Jahren mussten Kommunikationschefs immer mehr Aufgaben erfüllen, mit immer weniger Geld und mit einer alternden Belegschaft. Kommunikations-Controlling kann da helfen, nicht noch mehr Ressourcen zu verlieren und den Druck rauszunehmen.
Kommunikationsmanagement und Kommunikations-Controlling sind im Stande, die Vielzahl von Faktoren, die sich in dieser Stakeholderwelt gegenseitig beeinflussen zu ordnen, Verantwortlichen auf Daten basierende Entscheidungsvorlagen bieten und Messgrößen für Projektfortschritt und Erfolg definieren. Controlling heißt dabei Führen mit messbaren Zielen, und diese Ziele muss man klar ziehen. Die perfekte Kennzahl muss einzig anzeigen, wann die Verantwortlichen sich zusammensetzen und diese Veränderung diskutieren müssen.
“Erfolgreiches Controlling verlangt eine Kultur der Vereinbarung. Wir müssen dahin kommen, dass die Entscheidungsträger nicht mehr routinemäßig mit immer gleichen Berichten zugeschüttet werden, sondern nur noch einen Bericht bekommen, wenn sie etwas entscheiden müssen.” Prof. Dr. Christopher Storck
Wo Kommunikations-Controlling in der Praxis schon gut gemacht wird
Es gibt schon einige Unternehmen, die gut gestartet sind. Die Telekom zum Beispiel hat den Ansatz von Matthias Karmasin umgesetzt. Statt die Organisation zu kommunizieren haben sie die Kommunikation des Unternehmens organisiert. Philipp Schindera, der Kommunikationschef, hat vor ein paar Jahren auf dem Kommunikationskongress gesagt, sie seien dabei, die größte Kommunikationsabteilung zu bauen – jeder Mitarbeiter wird zum Akteur der Kommunikation. Die Kommunikation wird zu einer Intelligence-Zentrale: Klare Ziele setzen, Messgrößen finden, messen und dabei offen bleiben für die Realität, schauen was draußen passiert und worauf man reagieren muss und so eine rationale Grundlage für das Alltagsgeschäft finden. Darüber hinaus hat die Telekom ihre Strategie neu aufgestellt und den Prozess völlig transparent gestaltet: Zu ihren Strategieupdate laden sie externe ein – Influencer, Berater – die darüber sogar twittern dürfen. Vor ein, zwei Jahren wurden alle Mitarbeiter im Vorfeld nach den größten Herausforderungen für die nächsten Jahre befragt, die Ergebnisse wurden dann gevotet und die Top Ten dann Gegenstand des Strategie-Offsites. Dort wurden Projekte ausgearbeitet, darüber abgestimmt und die besten Vorschläge wurden direkt finanziert. Da fängt Kommunikationsstrategie an, interessant zu werden.
Vertrauensbeziehung zwischen CEO und Kommunikationschef
Die nötige Vertrauensbeziehung zum CEO ist bei der Telekom gegeben. Und der Vorstandsvorsitzende Tim Höttges ist jemand, der frei sprechen kann, der sich selbst in sozialen Medien bewegt. Der ist angekommen in dieser Kommunikationswelt.
Mitarbeitern eine Plattform bieten
Ausschlaggebend ist die Kultur und das Menschenbild einer Organisation. Eine Organisation, die Angst davor hat, mit ihren Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen, wird keine Zukunft haben. Nur ein Unternehmen, dass solche Diskussionsprozesse in Gang setzt, kann neue Antworten finden. EnBW zum Beispiel macht seine Strategie inhouse und lagert die Aufgabe nicht an eine der großen Managementberatungen aus.
Die drei wichtigsten Schritte, damit aus Kommunikatoren Agenten des Stakeholdermanagements im Unternehmen werden:
- Lernen, aus der Unternehmensstrategie und den Zielen die unverzichtbaren Leistungen der Kommunikation abzuleiten.
- Es sich durch wertvolle Impulse verdienen, in den Strategieprozess eingebunden zu werden
- Sich über die aktuellen und zukünftigen Geschäftsmodelle informiert und digital fit halten.
Shownotes
Christopher Storck bei Hering Schuppener Consultants
Christopher Storck bei Quadriga Hochschule Berlin
Über Prof. Dr. Christopher Storck
Prof. Dr. Christopher Storck ist Partner bei der Managementberatung Hering Schuppener und Professor für Strategie und Kommunikationsmanagement an der Quadriga Hochschule Berlin. In seiner Rolle als Berater unterstützt er Unternehmen bei der Strategiefindung und -kommunikation, Kommunikationsstrategie und -controlling sowie der Weiterentwicklung von Kommunikationsfunktionen im Rahmen der digitalen Transformation. Christopher engagiert sich zusätzlich im Facharbeitskreis Kommunikations-Controlling im Internationalen Controller Verein (ICV) und im wissenschaftlicher Beirat des Bundesverband der Kommunikatoren (BdKom). Darüber hinaus hat er zu den Themen Reputationsmanagement, Zusammenhang von Strategie und Kommunikation sowie stakeholderorientierte Unternehmensführung geschrieben.