Das Ziel der Kommunikation ist es letztendlich, Veränderungen in der Wahrnehmung oder im Verhalten der Zielgruppe zu erreichen. Um diese Veränderungen zu messen, braucht man auf irgendeine Weise Einblick in die Köpfe der Stakeholder. Meistens nutzen Unternehmen dafür Umfragen, online oder offline, auf Papier oder als Interview. Diese Episode dreht sich um Fokusgruppen – eine alternative Methode, um entscheidende Erkenntnisse zu gewinnen.

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Unser Gast ist Phil Riggins, Spezialist für Marken- und Reputationsmanagement und Experte auf dem Gebiet der Meinungsforschung. Er hat 25 Jahre Erfahrung im Aufbau und in der Leitung von Teams in Europa, in den Vereinigten Staaten und auf leitender Ebene auch für internationale Agenturen wie Brunswick Group, Weber Shandwick und APCO Worldwide. Phil ist Gründer des Brand & Reputation Collective (BRC) und Mitglied der European Association of Communication Directors (EACD) und der Market Research Society (MRS).

[Ich bin] ein Berater, der Meinungsforschung nutzt, um Ratschläge zu geben, wie man eine Geschichte erzählt. Im Grunde helfe ich dabei, Geschichten so zu erzählen, dass die Menschen sie tatsächlich hören können … immer auf der Grundlage der Forschung”. Phil Riggins

Fokusgruppen werden nicht sehr häufig genutzt. Sie haben den Ruf, kostspielig und arbeitsintensiv zu sein. Darüber hinaus kann es für den Moderator der Gruppe schwierig sein, aus den gewonnenen Erkenntnissen seine eigene Meinung herauszuhalten. Im Vergleich zu allen anderen Messinstrumenten wie z.B. Interviews, Umfragen oder digitaler Analytik sind Fokusgruppen eine Methode der qualitativen Forschung, bei der es um Exploration und das Kennenlernen nicht nur dessen geht, was Menschen denken, sondern auch darum, warum sie so denken. Wie funktioniert das? Fokusgruppen bestehen aus einer kleinen Gruppe von Personen und einem Moderator, der möglicherweise einen Diskussionsleitfaden hat. Sein eigentliches Ziel ist es aber, das Gespräch am Laufen zu halten, um eine Reihe von Meinungen und Gefühlen zu einem bestimmten Thema zu ermitteln. Der Moderator kann die Reaktion der Personen auf Ideen oder Inhalte testen. Fokusgruppen sind ergebnisoffen und interaktiv und können fast überall stattfinden.

“Die Art und Weise, wie sich [Fokusgruppen] in das gesamte Instrumentarium einfügen, hängt von der Herangehensweise ab.Ich verfolge einen qual [-ifiziert] / quant [-itativen] Ansatz“. Phil Riggins

Organisationen können die qualitativen Ergebnisse der Fokusgruppendiskussion überprüfen, indem sie quantitative Tests durchführen, um zu untersuchen, wie weit diese Ansichten in der interessierenden Bevölkerung verbreitet sind. Sie können auch eine quantitative Untergruppenanalyse durchführen und herausfinden, dass die Meinung z.B. einer bestimmten Altersgruppe von der allgemeinen Ansicht abweicht. Eine Fokusgruppe kann dann helfen, die Gründe dafür herauszufinden. Die Verwendung von Fokusgruppen zu Beginn des Prozesses kann zu überraschenden Ergebnissen führen, z.B. wenn Verbraucher eine Kampagnenidee vor dem Start diskutieren und sie vollkommen auseinandernehmen. [In der Episode geht Phil Riggins in zwei Beispielen genauer darauf ein.]

Wie wählt man die richtigen Teilnehmer für eine Fokusgruppe aus?

Es ist wichtig zu verstehen, wer für den Erfolg Ihrer Sache wichtig ist. Wessen Unterstützung brauchen Sie? Versuchen Sie, eine gute Mischung zu finden. Denken Sie daran, dass einige Personen mit einer kleinen finanziellen Entschädigung zur Teilnahme ermutigt werden können. Andere werden durch die Möglichkeit motiviert, sich mit Menschen auf ihrer Ebene zu vernetzen.


Wie gelingt die Arbeit in Fokusgruppen? Wie sind sie strukturiert?

Damit die Teilnehmer sagen, was sie wirklich denken, gibt es ein paar Dinge, die Sie tun können. Erstens: Ein guter Moderator versteht seine eigenen Vorurteile und lässt sie außen vor. Zweitens: Sie müssen einen Raum schaffen, in dem sich ihre Teilnehmer wohl fühlen, auch wenn sie Dinge sagen, die unangenehm oder politisch nicht korrekt sind oder einfach nur unhöflich wirken. Die Leute sollen das Gefühl haben, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Wärmen Sie sie also kurz auf, indem Sie ihnen ein paar harmlose Fragen stellen, wie ihren Vornamen, was sie tagsüber tun und was sie am Wochenende gerne tun. Um die Gruppe als Moderator auszubalancieren, müssen Sie einige Leute bitten, ruhiger zu sein, und andere bitten, sich zu Wort zu melden und so einen Rahmen für dieses Gespräch setzen.
Möglicherweise haben Sie einen Leitfaden mit Fragen und Themen, die Sie durcharbeiten müssen, aber er muss ergebnisoffen sein. Lassen Sie das Gespräch fließen, denn daraus ergeben sich die Erkenntnisse. Um Einsichten zu gewinnen, müssen Sie Leuten zuhören, die etwas Unerwartetes sagen, erkennen, dass es interessant ist, dem nachgehen und dann die Runde überprüfen, um zu sehen, ob andere Teilnehmer eine ähnliche oder andere Sichtweise haben, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie interessant oder relevant das ist. Sie können zu erstaunlichen Einsichten kommen, die die Sachlage für den Kunden komplett wenden können. Es kann schwierig sein, die eigene Voreingenommenheit als Moderator aus dem Gespräch herauszuhalten, wenn die Teilnehmer mit unhöflichen oder rassistischen Meinungen aufwarten. Aber Sie müssen weiter lächeln und das Gespräch offen halten.

Was sind die Vorteile interner oder externer Moderatoren?

Wenn Sie einen gut ausgebildeten Moderator im Unternehmen haben, möchten Sie vielleicht Geld sparen. Aber der Vorteil eines externen Moderators besteht darin, dass er unparteiisch ist, dass er Dinge sagen kann, die in der Organisation nicht politisch korrekt sind, dass er externes Fachwissen mitbringt und dass er nicht an den Konsequenzen der Erkenntnisse beteiligt ist, die sich die Fokusgruppe vielleicht aufdeckt.

Ist es unerlässlich, in einem Raum zu sein, um gute Einsichten zu erhalten, oder sind Online-Fokusgruppen eine Alternative?
Online-Fokusgruppen sind in dieser Zeit ein großes Plus, die Leute sind mit der Technologie vertraut, es gibt viele Plattformen zur Auswahl. Sie können sie mit Workshop-Tools wie miro und mural kombinieren, so dass Sie interessante und kraftvolle Sitzungen gestalten können. In normalen Fokusgruppen befinden sich eine Kamera oder Personen hinter einem Einwegspiegel. Die Teilnehmer werden am Anfang informiert, aber sie vergessen schnell. Teilnehmer, die online sind, sind vielleicht ein wenig gehemmt, weil sie sich bewusst sind, dass sie die ganze Zeit aufgezeichnet werden. Es ist Ihre Aufgabe als Moderator, sie aufzuwärmen.
Online sind synchrone Gruppen möglich, Teilnehmer, die sich von überall auf der Welt in Echtzeit einloggen. Es gibt aber auch asynchrone Gruppen, in denen Sie Ihre Fragen stellen und die Leute antworten, wann sie wollen, über eine oder zwei Wochen hinweg.

Gibt es einen goldenen Weg, um die Teilnehmer zusammenzubringen?

Das hängt von dem Problem ab, das Sie zu lösen versuchen. Normalerweise segmentieren Sie die Leute nach ihrer Demographie oder ihrer Einstellung zu einer bestimmten Frage oder ihrem Verhalten. Wenn Sie Ihre Gruppen richtig segmentieren, können Sie am Ende 12-20 Gruppen erhalten, und das wird wirklich teuer. Kunden fragen oft, ob Sie nicht einfach Personen im Raum zusammenbringen und später die verschiedenen Einstellungen analysieren können. Man muss immer ein Gleichgewicht zwischen der Qualität des Outputs und den verfügbaren Ressourcen finden.

Die Erkenntnisse basieren nur auf einigen wenigen Stimmen. Sind sie repräsentativ?

Wenn Sie eine teure gesamteuropäische Kampagne planen, sollten Sie die Erkenntnisse der Fokusgruppen besser mit quantitativer Forschung validieren. Andererseits zeigt die Erfahrung, dass diese Ergebnisse wirklich oft übereinstimmen. Diese kleinen Gruppen scheinen zu begreifen, was unsere Stakeholder denken. Aber man sollte die Ergebnisse immer es ein wenig gegenprüfen.

Wie kann man den CEO überzeugen, Fokusgruppen auszuprobieren?

Fragen Sie ihn, wie wichtig das Problem ist und wie gut er seine Zuhörer und ihre Sicht der Situation versteht. Es könnte eine Diskrepanz zwischen der Sicht des Unternehmens und der Sicht des Publikums bestehen. Fokusgruppen können den Grad messen, in dem diese beiden Sichtweisen der Realität übereinstimmen oder nicht miteinander verbunden sind, und dem Unternehmen zeigen, wie es die Lücke schließen kann.

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Phil Riggins

Erwähnte Kollaborationswerkzeuge:

Phil’s Literaturempfehlungen:

  • James Harding: Alpha Dogs: How Spin Became a Global Business. Eine Geschichte der modernen Kommunikation. Ziemlich zutreffend aber der Kommunikationsbranche gegenüber etwas voreingenommen. Zeichnet die Entstehung von Weber Shandwick nach.
  • Marty Neumeier: The Brand Flip. Erklärt, wie heutzutage Marken aufgebaut werden. Legt einen Augenmerk auf das Konzept der Markenfans und wie smarte Marken ihre “Tribes” adressieren und nicht die breite Masse der Kunden.

 

Über Phil Riggins

Phil Riggins ist der Gründer des Brand & Reputation Collective, einem Beratungsunternehmen, das multinationale Unternehmen sowie alle Arten von Organisationen dabei unterstützt, einige der bekanntesten Marken der Welt zu verstehen und zu managen. Vor der Gründung des BRC arbeitete Phil Riggins auf leitender Ebene mit den weltweit führenden Kommunikationsagenturen zusammen, darunter die Brunswick Group, Weber Shandwick, APCO Worldwide und Leidar. Er beriet Kunden in Fragen der Reputation sowie des Marken- und Themenmanagements und hat branchenübergreifend und weltweit für Organisationen wie Airbus, Abbott Nutrition, The Bill & Melinda Gates Foundation, BT, The Coca-Cola Company, Danone, Diageo, eBay, GE, G4S, Google, Inditex, Itau, Kellogg’s, Nestle, Novartis, OPEC, Pfizer, Rexam, SAB Miller, Schroders, Smith & Nephew, das US-Außenministerium und Zürich gearbeitet. Phil hat eine doppelte Staatsbürgerschaft (US/UK) und begann seine Karriere bei der United States Information Agency, die jetzt Teil des US-Außenministeriums ist, wo er politischen Entscheidungsträgern half, eine der kompliziertesten Marken der Welt – die Vereinigten Staaten von Amerika – zu verstehen und zu managen. Darüber hinaus ist Phil Mitglied verschiedener Verbände, u.a. der Market Research Society in Großbritannien und der European Association of Communication Directors.